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MamiSEIN... Eintrag 02

MamiSEIN… 

WOW… das ist etwas Faszinierendes… etwas Wunderschönes.

Und doch kann es auch sehr fordernd sein. Genau dieses Fordernde möchte ich heute einmal beleuchten.

 

Warum ist es fordernd… was sind die fordernden Situationen… oder wie entstehen sie?

 

Als ich junge Mutter war, da war ich ein sehr unsicherer Mensch und an Selbstvertrauen hat es weit gefehlt. Ich wollte es doch allen einfach recht machen.

Wenn man mir was sagte, begann ich sofort an mir zu zweifeln… hatte Angst, etwas falsch zu machen… nicht genügend zu sein… eine schlechte Mutter zu sein. Und das geht ja gar nicht.

Wir Mütter, wir wollen ja immer nur das Beste für unsere Kinder. Wir möchten sie ideal begleiten, doch was ist ‚ideal‘?

Das ist eben Ansichtssache. Da sind sich nicht einmal Fachleute einig und schon gar nicht Eltern, Schwiegereltern und irgendwelche sonstigen Erwachsenen. Also hilft es, wenn du ein starkes Selbstvertrauen hast und dich nicht so schnell aus der Ruhe bringen lässt.

Ich möchte dir zwei Beispiele aus meinem Leben benennen, damit du erkennst, wie das so passieren kann… wie etwas in dir gepflanzt wird und dich verunsichert, ohne dass es vielleicht in deinem Bewusstsein erkannt wurde. Und wenn du meine Geschichte hörst, kannst du es vielleicht bei dir übernehmen und das nächste Mal souverän und gelassen reagieren.

 

Mein Erstgeborener wollte unglaublich früh Laufen lernen. Ja, er war sehr ehrgeizig, was dieses Thema anging und er zog sich schon bald überall hoch. Ich hatte Freude, denn er strahlte über alle vier Backen und ich sehe gerade wieder Bilder im Kopf, wenn ich nur davon rede… ich sehe, wie er sich immer wieder am Bettchen hochzog und einfach nur Freude hatte, wenn er stehen konnte.

 

Irgendwann einmal sah das meiner Schwiegermutter und sie sagte…

Oh… setz‘ ihn wieder hin… setz‘ ihn wieder hin! Das ist gefährlich!

Ich war schon damals irritiert und dann erzählte sie mir die Horrorgeschichte von ihrem Zweitgeborenen, dem man die Beine brechen und ihn ein Jahr lang in Schienen halten musste, damit er wieder gerade Beine bekam. Ja… DAS wollte ich natürlich auf keinem Fall.

 

Also setzte ich meinen Erstgeborenen immer wieder hin, wenn er aufstand. Er fand das lustig. Ja, er fand, das ist ein Spiel. Er stand immer und immer wieder auf und mit nur zehn Monaten konnte er laufen. Das ist extrem früh. Er war einfach nicht zu bremsen. Er wollte das… und er bekam NIE krumme Beine. Jetzt ist er bald 16 Jahre jung und hat gerade Beine :)…

 

Also hat es ihm nicht geschadet. Was ist passiert?

Meine Schwiegermutter hatte mir ihre Erfahrungswert reingedrückt, … so will ich es einmal nennen.

Ob es wirklich so stattgefunden hat, wie sie es erzählt hat, das ist aber ein andere Geschichte. Es könnte nämlich sein, dass ihr Sohn die Veranlagung für krumme Beine hatte… dass es also nichts mit dem frühen Laufen zu tun hatte oder es kann sein, dass Erwachsene ihn zu früh auf die Bein gestellt haben. Das ist nämlich das, was mir die Mütter- und Väterberatung gesagt hatte, als ich dann mit meinem zweiten Sohn dort war und diese Geschichte erzählte. Sie hatte gesagt, dass wenn ein Kind sich von sich aus raufzieht, dann sind die Muskeln und die Knochen soweit… also einfach machen lassen… und nicht reinpfuschen.

Also die ganze Panik, dass ich etwas falsch mache und mein Kind künftig krumme Beine haben wird und ein Jahr lang in Schienen liegen muss, war umsonst.

Da verliert man viel Energie und Kraft und da darf man für sich entscheiden, dass man diese Energie und Kraft für andere Dinge nutzen will.

 

Das zweite Beispiel war mit meinem zweitgeborenen Sohn.

Ein aufgewecktes Bürschchen… sehr aktiv… heute noch. Er hatte eine spezielle Hautfarbe und ich wusste aber, dass er gesund ist… ich wusste es einfach. Er war ein Wonneproppen. Also wirklich ein Strahlemann… gesund, kräftig und alles in Ordnung. Dann traf ich regelmässig eine andere Mutter, die im Wochenbett arbeitet und Krankenschwester ist. Unsere beiden Grossen waren bereits zusammen in der Spielgruppe. Und als sie meinen Jüngsten sah, sagte sie…

Uuuuh… der sieht aber nicht gut aus… ich glaube, er hat Gelbsucht. Das musst du unbedingt untersuchen lassen!

 

Da ich jetzt schon ein bisschen erfahrener und mein Selbstvertrauen als Mutter nun auch schon etwas gewachsen war, hatte es mich im ersten Moment nicht berührt. Ich sah mein Kind an und war mir sicher, dass da alles in Ordnung war.

Doch ich traf diese Frau Woche für Woche… ich weiss nicht mehr, wie lange sie mich bearbeitet hatte, aber irgendwann einmal hatte ich ein ungutes Gefühl.

Meine Hebamme war auch meine Nachbarin. Also schrieb ich ihr kurz eine SMS, mit der Bitte einmal vorbei zu kommen, weil ich nun doch glaubte, dass mein Junge Gelbsucht hatte… ich hatte es also schon so benannt. Sie gab eine Rückmeldung, dass das nicht sein könne… sie aber dennoch gerne vorbei käme, um ihn anzuschauen. Sie kam vorbei, untersuchte diesen kleinen Strahlemann, machte spezielle Gelbsuchttests und sagte… Der Junge ist gesund! Da ist alles in Ordnung. Er hat auch nicht die Farbe von Gelbsucht. Aber weisst du was? Das könnte die Farbe von vielen Karotten sein. Daraufhin sagte ich… Ja, er isst viel Karotten. Bei jedem Brei muss Karotte drin sein, sonst isst er mir den Brei nicht. Am liebsten isst er nur Karotten, aber ich mag doch ab und zu was reinmischen.

 

Dadurch hatte er die Hautfarbe… also habe ich mich von jemandem verunsichern lassen, und dachte ja, dass sie vom Fach sei… sie kam ja schliesslich aus dem Wochenbett… sie muss es doch wissen. Aber sie wusste es eben nicht. Sie hatte voreilig ein Urteil gefällt und mir damit Angst eingejagt.

 

Auch Spezialisten können sich irren. Sie ist ja auf diesem Gebiet ausgebildet… auch sie kann sich irren. Mein Instinkt war richtig. Ihr Fachblick hat sich geirrt. Du siehst also, wenn jemand von aussen dir etwas sagt… dann sieht dieser Mensch nur eine Momentaufnahme. Das heisst nicht, dass seine Wahrnehmung richtig ist. Das sind nur Momentaufnahmen. Lass dich nicht verunsichern. Vertraue auch auf dein Kind, dass es bestimmte Dinge wie Aufstehen von sich aus nur tut, wenn sein Körper so weit ist. Genau so kannst du vertrauen, dass es früher oder später laufen lernt. Wenn du jetzt also ein Kind hast, das sehr spät dran ist, lass es in Ruhe. Es ist in der Natur des Menschen, zu lernen. Wir kommen unglaublich neugierig und ehrgeizig auf die Welt. Wir wollen lernen… wir wollen uns anpassen. Die kleinen Kinder sehen, wie wir laufen… ah… es gibt nichts Schöneres… dann wollen sie auch laufen… dann gehört ihnen die Welt. Das liegt in der Natur. Wenn ein Kind nicht läuft, dann sind vielleicht seine Muskeln noch nicht so weit oder die Knochen… irgendwas ist noch nicht so weit, das für uns nicht sichtbar ist. Der eine läuft mit zehn Monaten und der andere läuft erst knapp vor dem dritten Geburtstag. Wenn dieses Kind 30 Jahre alt ist, interessiert es niemanden, ob es jetzt mit zehn Monaten gelaufen ist oder mit drei Jahren.

Ja, es gibt solche, die laufen erst sehr spät, weil sie etwas anderes lernen. Sie können dann vielleicht besser reden. Mein Junior hatte offensichtlich eine schnelle Entwicklung in den Knochen und in der Muskulatur gehabt. Ich kenne jemanden, dessen Kind erst sehr spät gelaufen ist… mit zweieinhalb Jahren oder so. Da wurde Panik geschürt… da wurde angenommen, es sei etwas nicht normal und es sollte untersucht werden. Aber dieses Mädchen, das war im Geist unglaublich wach… konnte schon sprechen. Also da hatte das Gehirn die schnellere Entwicklung gemacht, aber die Knochen und Muskeln waren dafür nicht so schnell. Es war alles in Ordnung. Es ist alles in Ordnung. Das eine braucht da länger und das andere braucht eben dort länger.

 

Hört auf, die Kinder zu vergleichen.

Die Kinder sind, so wie sie auf die Welt kommen, perfekt. Ok… das Wort perfekt, das gibt es grundsätzlich nicht, aber wenn wir geboren werden, dann ist das ein Wunder.

Schon allein die Zeugung und wie die Zellteilung passiert und wie daraus ein Mensch entsteht… das ist ein perfektes wahres Wunder.

Es kommt ein wahres Wunder auf die Welt… mit allen wichtigsten Informationen, damit es ein gesunder Erwachsener werden kann.

 

Was ihm dazwischen kommt, sind die Erwachsenen.

 

Sie denken, sie müssen irgendwelche Dinge forcieren, fördern, therapieren… irgendwo reinpfuschen, statt einfach mit Freuden dieses Kind zu beobachten und begleitet zu dürfen. Wenn es etwas fordert, ihm das zu geben, damit es da Entwicklung hat. Mein Jüngster zum Beispiel, der liebt Zahlen. Er mag unglaublich hoch rechnen. Er ist in der vierten Klasse und rechnet am liebsten mit Billionen… Trillionen… ich muss immer nachschlagen, weil ich da gar nicht mitkomme. Das macht er alles ohne Taschenrechner, weil er das liebt. In der Schule dürfen sie nur bis 1000 rechnen und das hat ihn gelangweilt. Also war es in meiner Pflicht, mit ihm die Rechnungen, die er als Hausaufgabe nach Hause bekam, mit mehr Nullen zu versehen. Somit haben wir immer eigene Zahlen kreiert. Er blühte dabei richtig auf… je länger die Zahlen desto lieber ist es ihm. Dafür hat er es nicht so mit den Sprachen. Es ist halt einfach so. Der eine ist da stark… der andere dort. Nur weil wir das Gefühl haben, das alle gleich sein müssen, dass jeder in eine Schublade muss, damit er der Norm entspricht… das ist ein Irrsinn, denn es gibt diese Norm nicht.

 

Wenn wir unseren Kindern erlauben, ihre Stärken zu fördern und das, was nicht so ihre Stärken sind, so anzupassen, dass es für sie leicht wird, dann können sie auch das, was nicht ihre Stärke ist, fördern und lernen.

 

Wir wohnen hier auf einem riesengrossen Bauernhof mit unglaublich vielen Maschinen und meinem Junior geht es genau um diese Maschinen, weniger um die Tiere. Wenn es zum Beispiel um Textverständnisse geht, dann dreht er mir ab. Das langweilt ihn. Er liest sehr gerne… er verschlingt Bücher. Wir waren jetzt wieder in der Bibliothek. Er hat Bücher, die für Schüler der 6. Klasse bestimmt sind und arbeitet in diesem Zusammenhang mit ‚Antolin‘, einer App, wo das Textverständnis zu dem jeweiligen Buch abgefragt wird. Da ist er stark. Er hat in drei Tagen fünf dieser Bücher gelesen und mit ‚Antolin‘ top abgeschlossen. Es waren spannende Detektivgeschichten, aber wenn so etwas in der Schule verlangt wird, da verhaut er es regelmässig. Irgendwie ist er da selbst unter Druck. Wenn wir aber früher solche Dinge übten, machte ich das immer mit Bezug auf Landwirtschaft. Dann kreierte ich Geschichten, um ihm da zu helfen. So war es am Anfang… inzwischen liest er halt viele Bücher und geht vieles einfacher. Aber das war der Anfang.

Ich sagte zum Beispiel… Jetzt stell‘ dir mal vor, das wäre ein Traktor (anstatt ein Kinderwagen oder irgend so etwas). Also es ging einfach darum, ihm zu helfen umzudenken, damit er es verinnerlichen konnte.

Es ging darum, ihn so zu fördern, dass ihm das Leben leicht ist und ihm immer auch Optionen zu zeigen, dass das Leben leicht gehen darf… dass die Schule ein ‚Muss‘ ist, aber WIR entscheiden, wie wir das handhaben.

 

Ich habe ihn auch mal ca. neun Monate zu Hause unterrichtet. Das war von September 2019 bis Juni 2020, weil es einfach aus gesundheitlichen Gründen eine Zeit lang nicht anders ging. Das war so schön… ich habe das geliebt. Am Anfang hat es mich ziemlich gefordert, weil ich Business, Haushalt und gleichzeitig das Homeschooling unterbringen musste… und das kam von einem Tag auf den anderen… dennoch war es machbar. Das hat uns auch sehr eng aneinander gebunden, weil wir da sehr viel voneinander lernen konnten. Genau das ist unsere Aufgabe. Einfach da zu sein, wenn unsere Kinder uns brauchen… nicht zu versuchen, sie in irgendwelche Formen zu pressen und Dinge von ihnen abzuverlangen, wofür sie noch gar nicht bereit sind.

 

Wenn du die Kinder genau beobachtest… wir fordern von ihnen Dinge und sind erbost, weil sie es nicht verstanden haben… und genau das ist der Punkt. Sie haben es nicht verstanden. Sie machen es nicht mit Absicht. Ich hatte gerade gestern einen Austausch mit meinem Junior und ich spürte genau, dass er es nicht verstanden hatte. Ich blieb einfach dran und zeigt ihm auf, dass wenn er etwas ‚so‘ macht, dann löst es ‚das‘ aus und fragte ihn… War das deine Absicht? … Er erwiderte verwundert…Nein…

Also hatte er es gar nicht verstanden, was er da gerade gemacht hatte. Und das ist sehr, sehr oft so. Du kannst davon ausgehen … und ich rede jetzt nicht von pubertierenden Kindern …, dass die Kinder dir immer gefallen wollen. Sie wollen geliebt werden und sie tun alles dafür, dass es dir gut geht. Wenn sie Dinge machen, die dich erzürnen, dann tun sie das nicht mit Absicht. Manchmal verlieren sie sich einfach in ihrer Gedankenwelt. Sie wissen vielleicht, dass das nicht erlaubt ist was sie gerade tun oder getan haben, aber sie sind dann so in ihrer eigenen Welt gefangen, dass sie es einfach tun. Dann gilt es sie anzuhalten und achtsam zu sein… ihnen noch einmal die Dinge zu erklären, warum dir das so wichtig ist, damit sie es verstehen können. In dem Moment, wo sie es verstehen, was dich eben fordert durch das, was sie gerade machen, dann machen sie es nicht mehr. Wenn sie es wirklich verstehen, dann ist es integriert. Sonst sind sie einfach in Ihrer Welt. Sie machen es nie, um dir zu schaden… das finde ich, ist eine wichtige Aussage.

 

Kinder machen einfach Dinge, weil sie ‚sind‘ und nicht, weil sie den Anspruch haben, dir zu schaden. Das ist etwas ganz, ganz Wichtiges, was du dir verinnerlichen darfst.

Denn dann kannst du das nächste Mal ein bisschen ruhiger reagieren, wenn sie das halbe Haus zerlegt haben… NEIN, dass hoffe ich nun doch nicht… nur, damit du einmal ein Bild davon bekommst.

 

 

Ich wünsche dir sehr viel Spass und hoffe, dass du das eine oder andere in deinem Alltag erkennen kannst.